Zigeunerhaft und abenteuerlustig Wissbegierige Kinder löcherten Cornelia Funke im Baumhaus mit ihren Fragen

cornelia1Eine waschechte, und auch noch so berühmte Schriftstellerin hautnah und live erleben – wow, ein tolles Erlebnis, das die aufgeregten Kinder im voll besetzten Baumhaus-Saal sichtlich genossen.

Cornelia Funke, Namensgeberin für das Baumhaus, hatte sich während ihres Heimatbesuches in Dorsten zwei Stunden Zeit genommen, um sich über die Arbeit der Kinder- und Jugendtheatergruppen des Baumhauses zu informieren und mit den jungen Akteuren zu plaudern.

Auch die Kinder des Lembecker St.-Laurentius-Kindergartens, die im Sommer 2014 auf der Lembecker Landpartie im Schlossgarten als Blumenkinder die Taufe der neuen Edelrosenzüchtung auf den Namen des Funke-Bestsellers „Tintenherz“ begleitet hatten, waren ins Baumhaus geklettert. In ihren durften, selbst genähten Rosenkleidern und Gärtnerschürzen hatten sie in der ersten Stuhlreihe einen unverstellten Blick auf die Autorin, die sich locker und entspannt mit den nicht enden wollenden Kinderfragen löchern ließ.

Kindheits-Erinnerung
cornelia4„Wie haben Sie sich gefühlt, als das Baumhaus eröffnet wurde?“ Da musste Cornelia Funke nicht lange überlegen: „Wunderbar. Das Baumhaus, in dem damals ja die städtische Bibliothek untergebracht war, ist die Lieblingserinnerung an meine Kindheit.“ Mit ihrem Vater sei sie regelmäßig die Wendeltreppe in ihr „Baumhaus“ hochgestiegen. „Ich bin dann links in die Kinderabteilung gegangen und er rechts in die für Erwachsene.“ Mit prall gefüllten Bücher-Tüten Lesefutter habe sich das lesehungrige Vater-Tochter-Gespann dann wieder auf den Heimweg gemacht.

„Warum sind Sie aus Dorsten weggezogen?“, wollten die Kinder wissen. „Dorsten ist der Ort meiner Eltern. Ich wollte meinen eigenen Ort finden. So habe ich erst 20 Jahre in Hamburg gewohnt, und jetzt lebe ich seit zehn Jahren in Los Angeles. Aber ich bin sicher, dass ich noch nach einen anderen Ort suchen werden. Denn ich bin zigeunerhaft und abenteuerlustig – ein richtiger Zugvogel!“

Natürlich hatte die weltberühmte Geschichtenerzählerin auch viele Schreibtipps parat, die sie den ambitionierten Dorstener „Nachwuchsschriftstellern“ gerne an die Hand gab: „Ihr müsst immer einen Stift und ein Notizbuch dabeihaben, damit ihr eure Ideen, die einem zu den unmöglichsten Zeiten und an den unmöglichsten Orten in den Kopf schießen, sofort aufschreiben könnt.“ Sie verwahre ihre zahlreichen Notizbücher – „mein größter Schatz“ – in vier feuerfesten Boxen, da es in L.A. so oft große Waldbrände gebe.

Erst eine Kurzgeschichte
Ein weiterer Rat: „Fangt nicht gleich mit einer Serie an, sondern versucht Euch erst an einer Kurzgeschichte. Lest das Geschriebene laut vor und überarbeitet es immer wieder.“ Und ganz wichtig: „Verliert niemals die Geduld dabei!“

Ob im Flugzeug, auf der Bank oder in einem Baumhaus – „Schreiben kann ich immer und überall!“ Doch ihr Lieblingsplatz sei schon das Schreibhaus in ihrem Garten: „Da liegt ein Menschenfresserarm auf meinem Schreibtisch, der mit seinen Klauen wunderbar meine Notizzettel festhält.“

(Dorstener Zeitung, 19. Januar 2016, Anke Klapsing-Reich)